Es geht bärguif! Malin: "Jetzt fühl ich mich wiä im Paradies!" Die Schmerzen sind zwar nicht ganz weg, aber beinahe und für Malin fühlt es sich bereits paradiesisch an!
Wir wohnen in einem alten Holzhaus. Wenn wir uns darin bewegen, vibriert der Boden, aber wirklich kaum spürbar. Bei Malin löste dies letzte Woche bereits grösste Schmerzen aus, sogar dann, wenn sie im Zimmer nebenan lag und jemand von uns den Gang entlang lief.... Kann man sich das vorstellen? Wie muss sie gelitten haben...!
Heute aber ist sie aufgestellt, beginnt gar wieder zu singen und rappen, das ist immer ein gutes Zeichen.
Nach dem Mittag haben wir Spitaltermin. Wir fahren los, hängen beide unseren Gedanken nach. Ich überlege mir, wie und wo ich parkieren soll. Wieder beim Notfall - mit Rollstuhl? Und dann umparkieren? Das Laufen fällt ihr noch schwer... Laut sage ich: "Was meinsch, sell ich..." Malin unterbricht mich. "Ja, das han ich mich ai scho gfragt..." Ich schaue sie wohl etwas irritiert an, will von ihr wissen, woran sie denn denke? "Wo mier parkierä sellid," sagt sie nur. Genau. Das habe ich gedacht. Aber es hätte ja auch etwas völlig anderes sein können, wie: "Was meinsch, was sell ich a Wiehnachte zum Dessert machä?" "Was meinsch, sell ich nu es paar Christbaumchuglä meh chaiffä?" Oder so...
Seit Malin krank ist, sind wir sehr viel Zeit - Stunden - Tage - Monate sehr eng zusammen. Normalerweise nabelt sich ein Teenager in diesem Alter von den Eltern ab und geht langsam aber sicher seine eigenen Wege - Malin aber wurde zwangsläufig abhängiger denn je von uns. Im Spital verbringen wir Tag und Nacht in diesem engen Kispi-Zimmer und haben dabei sehr viel Zeit zum Reden, Austauschen, Träumen, Weinen, Fluchen, Lachen, Spielen, Schreiben, Essen, Philosophieren... In den letzten Monaten ist eine ganz besondere Verbundenheit, Nähe und Vertrautheit entstanden. Am meisten zu Malin, aber auch zu Joel und Enya. Ich fühle mich ihnen allen dreien heute besonders nah. Es ist unsere momentane Situation, die uns fest zusammengeschweisst hat, uns näher zusammenrücken liess und das ist - trotz allen widrigen und schwierigen Zeiten - etwas Besonderes, etwas Schönes, etwas Positives!
Und so kommt es immer häufiger vor, dass wir zeitgleich dasselbe denken, sie den meinen - oder ich Malins Satz beende. So wie heute. Wir waren schon oft überrascht und konnten lachen darüber.
Wir warten im Ambizimmer auf den Befund der Blutwerte. Malin findet auf dem Fenstersims das Rollino "Anna und der Schneemann", meint schmunzelnd, sie müsse sich ein bisschen weiterbilden und versucht die Geschichte zu verbinden. Sie schafft es nicht, drückt es mir nach einer Weile in die Hand und ich - ich kann es auch nicht! Wir bringen es doch tatsächlich nicht fertig - eine Aufgabe ab 5 Jahren... das gibt's doch nicht - aber wir tragen es mit Fassung!
Malins Blutwerte reichen für den Therapiestart der Erhaltungstherapie (wurde bereits von Montag auf heute verschoben) nicht aus. Nächster Versuch: Dienstag.