Chemofreie Woche

Wir haben es uns zum Hobby gemacht, Wetten abzuschliessen, bevor wir Richtung Spital abbiegen: Wir schätzen, wie viele freie Parkplätze die Leuchttafel vor dem Parkhaus anzeigt. Heute gewinnt einmal mehr Malin  - sie schätzt 149, tatsächlich sind es nur noch deren 28 - Schwein gehabt! Ich lag wieder weit daneben, aber schlussendlich bin ich einfach froh, dass es überhaupt noch eine Zahl angibt, es ist nämlich manchmal schon recht mühsam mit dieser Parkiererei.

 

Die Kontrolle verläuft absolut wunschgemäss, die Blutwerte sind sogar gestiegen und alle anderen Kontrollen sind ebenfalls zufriedenstellend. Der Onkopsychologe kommt noch für eine Weile vorbei und will von Malin wissen, wie ihr Schulstart war. Nach ihren positiven Ausführungen gratuliert er ihr zu ihrem "Comeback" an der Schule und freut sich, dass es bisher so gut geklappt hat. Er bringt ihr (wie bereits öfters) einen Flyer mit über die Sternschnuppenwünsche. "Sternschnuppe" ermöglicht es Kindern und Jugendlichen, die eine schwere Krankheit oder eine Behinderung haben, einen speziellen Wunsch zu erfüllen. Malin hat schon oft überlegt... und scheint noch immer wunschlos... 

Aber wir denken weiter darüber nach und vielleicht - fällt ihr irgendwann doch noch einen besonderen Herzenswunsch ein. 

 

Ab heute beginnt die chemofreie Woche. Das heisst, wenn wir heute nach Hause kommen, darf sie essen was das Zeug hält! Das durfte sie die letzten vier Wochen nicht: Ab 16.00 hiess es Esspause - um 18.00 Chemo schlucken - bis 18.30 weiter Esspause - dann endlich das wohlverdiente z'Nacht!

Seit ihrem Spitalaustritt (mit besorgniserregendem Untergewicht trotz künstlicher Ernährung) bringt sie acht Kilo mehr auf die Waage. Vorbei sind die Zeiten mit diesen hochkalorischen Shakes und Drinks, die sie mit grossem Widerwillen trinken musste, um einigermassen bei Kräften zu bleiben. Auch in dieser Hinsicht ist ein (fast) normaler Alltag bei uns eingekehrt. Ihr Geschmacksinn scheint im Moment ebenfalls wieder im Lot zu sein - ein Zeit lang fand sie alles zu süss, zu salzig, zu bitter oder einfach nur "gruusig". Heute isst sie wieder - fast alles. Einige Nahrungsmittel darf sie allerdings während der ganzen Therapie nicht essen: Alle Sorten von Weich- und Schimmelkäse, rohes und geräuchtertes Fleisch und Fisch (Bündnerfleisch, Salami, Rohschinken, Lachs...) sowie rohe Eierspeisen (Tiramisu, Spiegeleier, Schokoladenmousse...) rohe Milch, jegliche Sprossen und Keimlinge. Grundsätzlich muss einfach möglichst alles (ausser Salat und Früchte natürlich) gekocht sein. Um Keime zu vermeiden, sollte Malin sich nur aus frisch geöffneten Gläsern, Tuben, Flaschen... bedienen. Also haben wir mittlerweile Einzelpackungen an Mayo, Senf, Ketchup, Konfitüren etc. im Kühlschrank, die wir sonst nicht haben. Aber Malin hat sich daran gewöhnt und weiss schon selber sehr genau, worauf sie achten muss. Nur manchmal - da hätte sie schon furchtbar Lust auf ein Lachsbrötchen oder ein Salamirädli... aber auch diese Zeit wird wieder kommen!

Kaum zu Hause mixt sie aus Bananen, Orangen, Zitronen und Äpfeln einen feinen Smoothie für uns alle - dazu essen wir einige Glückskekse - und tauschen die Sprüche aus. Einer gefällt mir besonders: "Mancher versäumt das kleine Glück, während er vergeblich auf das grosse wartet." Und ich denke dabei an die kleinen positiven Schritte bärguif, die wir im Moment gehen dürfen - sie machen uns glücklich!