Enya hat ihr vorerst letztes Skirennen auf dem Tagesprogramm. Konkret heisst das: Früh morgens aus den Federn, ein z'Mittag und Getränke einpacken, frühstücken und sich dann in den Renndress zwängen. Enyas Schalter steht eigentlich fast immer auf "Vollgas" und meistens ist sie gut gelaunt - ausgenommen die erste halbe Stunde des Tages. Morgenmuffel nennt man das wohl. Heute schaut sie mich besonders miesepetrig an, findet einmal mehr Ski fahren doof und überhaupt: So früh aufzustehen an einem Wochenende, das geht ja gar nicht!
Nach ihrer obligaten Aufwärmzeit ist dann alles wieder im Lot. Und so steht sie im Skidress mit Skiern und Rucksack bereit und wird von einer befreundeten Familie zum Rennevent abgeholt und begleitet.
Ich bereite noch das eine und andere für die Schule morgen vor und schreibe dann weiter am Text "Haarverlust". Die Zeilen zeige ich Malin und frage, welche Bilder ich dazu einfügen soll. Jene mit ihren langen Haaren, auch solche mit Glatze oder ausschliesslich mit Mütze? Sie findet den Text gut so und meint, ich könne durchaus auch Fotos von ihr mit Glatze dazu setzen. Wir schauen am PC die vielen Fotos der letzten Monate an, um einige auszusuchen. Erinnerungen werden ausgetauscht, manche bringen uns auch zum Schmunzeln oder gar zum Lachen. Malin scrollt weiter - hält plötzlich inne, schaut entsetzt auf den Bildschirm und beginnt bitterlich zu weinen. Es schüttelt sie richtiggehend durch. Etwas verwirrt schaue ich auf den Bildschirm: Es sind die wenigen Bilder aus der Zeit der Intensivpflegestation, als es ihr dermassen schlecht ging. Diese Fotos hat sie so noch nicht gesehen, wir haben sie stets bewusst ausgelassen. Ich glaube, sie bekam damals auch nicht wirklich mit, wie furchtbar krank sie tatsächlich war und eben auch aussah... so viele Kabel, Schläuche, Monitore... sie hat ja sich selber nie gesehen. Auch heute noch - wenn ich diese erschütternden Bilder sehe, schaudert es mich am ganzen Körper und dieses Gefühl der Ohnmacht und der nackten Angst kommt unweigerlich wieder hoch. Eine äusserst schmerzhafte Zeit war das, ein schlimmer Teil der Geschichte. Näher am Tod als am Leben - aber Malin hat es geschafft, diesen schmalen Grat zu überwinden - sie hat sich zurück ins Leben, zurück auf den Weg gekämpft!
Wir reden noch lange - über Gott und die Welt - bis sie sich richtig beruhigt hat. Am Nachmittag bekommen wir spontanen Besuch von Grosi und Grosdädi, was uns sehr freut. Gestern hatte Grosspapi Geburtstag und Malin hat ihm zu seiner Freude einen Geburtstagskuchen gebacken. Da sie gleich doppelte Menge für zwei Kuchen verarbeitete, kommen wir heute auch noch in den Genuss davon. Wunderbar! Und das trotz Fastenzeit! Aber schliesslich ist ja Sonntag, da darf man (weil fastenfrei) - habe ich mich einst sehr gerne belehren lassen!