Abschied

In den letzten beiden Wochen war das Thema allgegenwärtig: Wie weiter in der Schule? Alle Lektionen zusammengezählt hat Malin seit Januar dieses Jahres wohl nicht viel mehr als eine Woche die Schule besucht. Unbestritten, der Schulbesuch tat ihr gut, brachte ansatzweise eine gewisse Normalität in ihren Alltag. Nach der ersten Euphorie folgte die Ernüchterung: Sie musste merken, dass die Wissenslücken zu gross sind. Zu lange hatte sie gefehlt, zu viel Schulstoff in diesem Jahr verpasst. Es gab Tage, an denen sie ziemlich desillusioniert nach Haue kam. Sie realisierte, dass sie keine Chance hat, dem Unterricht nur annähernd folgen zu können. Sie musste einsehen, dass eine Repetition des Schuljahres und ein damit verbundener Klassenwechsel unumgänglich sein würde. Es ist als ob die Klasse im Schnellzug an ihr vorbeibraust und sie in einem Regionalbummler immer wieder zum Warten gezwungen wird...

Sie wird ihre Klasse verlassen und in einer ihr unbekannten Klasse neu beginnen müssen. In gewisser Hinsicht bedeutet es Abschied nehmen, vor allem von ihren Mädchen, die sie jahrelang täglich in der Schule sah. Das ist hart, macht traurig - tut wohl auch weh.

Heute ist es soweit. Malin hat gestern Abend noch Muffins gebacken für ihre Klasse - zum Abschluss. Aber sie möchte nichts sagen dazu, keine Abschiedsworte oder so ähnlich.

Frühstunde. Ich fahre sie nach Stans. Nach nur einer Lektion hole ich sie bereits wieder ab: Die anderen haben einen Test - für sie macht dieser wenig Sinn. Also verteilt sie vorher ihre Muffins - und dann geht sie... 

"Wie fühlst du dich?" frage ich sie auf dem Heimweg. "Etz grad gahts nu so, aber nach de Feriä de..."

Sie tut mir leid. Wenigstens das hätte ihr erspart bleiben können. Wie hätten wir ihr wenigstens die gewohnte Klasse, das gewohnte Umfeld in der Schule gegönnt. Geht nicht. Es gibt einfach keine ideale Lösung, man kann es drehen und wenden wie man will - es gibt keine. Nicht einmal der bevorstehende Start in der neuen Klasse wird optimal sein, weil sie - kaum hat sie begonnen - bereits wieder fehlen wird aufgrund des letzten intravenösen Chemoblocks.

Uns als Eltern bleibt da nur eines: Ihr eine tolle neue Klasse mit verständnisvollen, wohlwollenden Jungs und Mädels zu wünschen - und dies von ganzem Herzen!