"feel good"

Die Onkostation ist voll. Das Ambizimmer ist heute mit zwei Betten besetzt. Wir treten ein, der Vorhang zwischen den beiden Betten ist zugezogen, wohl mit dem Versuch, ein Minimum an Privatsphäre zu schaffen. Wir grüssen ins Zimmer, ohne zu wissen, wem genau. Lediglich die Mutter und die Schwester (oder eine Freundin?) sehen wir am Fussende des Bettes, sie grüssen zurück. Erst als das Mädchen - verkabelt mit ihrem "Kari" - aus dem Zimmer läuft, sehen wir sie: Sie scheint etwas jünger als Malin, hat lange Haare, ist auffällig bleich und zart, wirkt fast zerbrechlich. Sie sagt nichts, schaut uns kaum an. "Was dänkt sie ächt, wenn sie mich mit de Glatze gsehd?" fragt Malin, als das Mädchen draussen ist. Das habe ich mich eben auch gefragt - und denke an unsere ersten Tage zurück...

 

Es ist eng. Noch ein Stuhl mehr hat im Zimmer schlicht kein Platz. Also lege ich mich neben Malin in ihr Bett - auch das ist eng, aber es geht schon.

Die Pflegefachfrau erzählt dem Mami des Mädchens nebenan von "Feel good" und fragt dann in unsere Richtung, wie wir das damals erlebt hätten. "Feel good" war ein Kurs, den Malin hier im Kispi besuchen konnte. Eine Kosmetikerin zeigte vor, wie sie sich "schminken" kann, damit sie sich - wie der Name bereits andeutet - eben wohler fühlt. Wie man beispielsweise die fehlenden Augenbrauen auffüllt und nachzieht, damit es möglichst natürlich aussieht oder wie man einem bleichen Gesicht etwas mehr Frische verleiht. Ausserdem bekam sie eine Auswahl entsprechender Produkte dazu, konnte das Gelernte sogleich praktisch an sich selber ausprobieren (was sie zwischendurch sogar zum Schmunzeln brachte, weil sie ohne ihre Brille einfach zu wenig sah und ihr das so vollbrachte "Malwerk" dementsprechend nicht ganz so perfekt gelang...) und wurde dabei mit zusätzlichen Tipps beraten. Eine gute Sache, die wir ihnen durchaus empfehlen können. Malin hat sich zwar nie wirklich geschminkt, aber die fehlenden Augenbrauen haben wir stets nachgezogen. Der Unterschied war tatsächlich gut sichtbar und Malin fühlte sich sichtlich wohler!

Genau an jenem Tag - nach besagtem Kurs - informierte uns die Onkologin über die Umstufung Malins in den Hochrisikobereich des Therapieprotokolls. Die Erinnerung daran holt uns wieder ein - es war ein bitterer Moment damals - und auch wenn wir das stille Mädchen neben uns gar nicht kennen, so hoffen wir gerade inständig für sie, dass die Therapie im "Standardrisiko" genügend wirksam sein wird und ihr diese besonders harten High-Risk-Blöcke erspart bleiben mögen!

 

Malins Blutwerte sind erstaunlich gut, die Nierenwerte allerdings weniger, da das Ambisome die sonst schon überforderten Nieren zusätzlich belastet. Die Ärzte ziehen ein mögliches Absetzen des Medikaments in Betracht, was wiederum von ihren Blutwerten abhängig ist. Am Dienstag wissen wir dann mehr. Die Portnadel wird gezogen und die Einstichstelle mit einem rassigen Barbiepflaster abgeklebt - das entlockt selbst Malin ein Grinsen über's ganze Gesicht...