Der Tag startet gut. Alle sind instruiert, das z'Mittag vorbereitet, die Zettel für Enya geschrieben, die Taschen parat. In Stansstad merken wir allerdings, dass wir tatsächlich vergessen haben, das EMLA-Pflaster auf den Port zu kleben. Das gibt's doch nicht - ich ärgere mich über mich selbst - schliesslich machen wir das nun schon über ein Jahr lang! Nun gut, dann halt im Spital (bedeutet eine Stunde Verzögerung) - Grosmami fährt mit Malin, ich gehe in die Schule.
Am Mittag, bevor ich losfahre um Grosmami im Spital abzulösen, werfe ich einen Blick auf mein Handy und sehe ganz viele Emojis - von Malin gesendet. Alle schauen besonders böse und grimmig, rauchen aus den roten Köpfen - das kann nichts Gutes bedeuten...
Ich rufe Malin an. Die Blutwerte erreichen die minimalen Startkriterien nicht - die Chemo kann nicht gestartet werden! Ich kann es nicht fassen! Damit habe ich nun wirklich gar nicht gerechnet - die Werte waren am Freitag doch so gut! Die Enttäuschung ist gross, ich sitze noch immer im leeren Schulzimmer, die Tränen rinnen und es scheint nicht mehr aufzuhören...
Malins Blutwerte sind wieder massiv gesunken - der Onkologe erklärt, es sei wohl noch auf die letzte Chemo zurück zu führen, die immer noch wirke. Es könne sogar sein, dass die Werte noch tiefer sinken werden. Malin braucht weiterhin Erholung. Mit solchen Werten eine neuerliche Chemo zu starten, wäre für Malins Körper eine zu grosse Belastung und würde wieder zur Neutropenie (keine Abwehr mehr) und damit zu erhöhter Infektionsgefahr führen. Das möchten wir auf keinen Fall riskieren.
Es bedeutet also - genauso wie beim Leiterlispiel: "Eine Runde aussetzen" oder "sieben Felder zurück" - eine andere Wahl gibt es nicht.
Padi und Enya sind noch beim Essen und ziemlich überrascht - mit mir haben sie heute nicht mehr gerechnet. Auch Malin wird von Grosmami zu uns nach Hause gebracht. Sie ist frustriert, aber sie trägt es heute definitiv gefasster als ich und ich frage mich einmal mehr, wie sie das schafft.
Enyas Klasse hat am Nachmittag Sport. Mitmachen kann sie mit ihrem Arm im Gips nicht und nur zuschauen ist für unser Energiebündel recht schwierig. Deshalb darf sie zu Hause bleiben. Also packen wir zu dritt Pinsel und Farben hervor und malen unsere Salzteiggebilde an, die wir vor längerem geformt und mit Mustern geprägt haben und die mittlerweile getrocknet sind. Die Stimmung bleibt seltsam bedrückt, alle drei hängen wir unseren Gedanken nach.
Nichts mit Therapieendspurt, nichts mit Pizza heute Abend im "5-Sterne-Hotel"! Und auch die "Last-Chemo-Torte" muss warten...
Morgen ist ein neuer Tag.