Sie plagt, ist zäh, immer wiederkehrend und äusserst anhänglich: Die Übelkeit. Sie kommt und geht und vereitelt manch schönen Tag. Seit gestern ist sie wieder besonders hartnäckig. Da nützt auch das Medikament, welches Malin jeweils vor der Chemo einnimmt, nicht wirklich. Der "Brechbeutel" bleibt griffbereit, für alle Fälle. Essen mag sie nicht, nur schon der Gedanke daran löst Brechreiz aus.
Nebenwirkungen sind fies - als hätten Erkrankte nicht schon genug auszuhalten, werden sie gnadenlos davon eingenommen und noch mehr ausgebremst.
Die letzten beiden Tage kam die Pflegefachfrau der Kispex zu uns nach Hause, um die Chemo zu spritzen. Wir kennen sie schon recht gut, sie war schon oft hier und wir freuen uns, dass sie auch nächste Woche bei Malin eingeteilt ist. Sie ist aufgestellt und weiss immer etwas interessantes zu erzählen. Gestern fachsimpelten die beiden über den Garten. Malin erzählte von unserer eher mageren Erdbeerernte, die wir dann unfreiwillig noch mit den gemeinen Nacktschnecken teilen mussten. Die Pflegefachfrau ihrerseits schwärmte von ihrem üppigen Ertrag: Etliche Kilos der roten Früchte hätte sie schon gepflückt und zu Konfitüre und allerlei anderem verarbeitet! "Wenn es nächste Woche noch welche hat, bringe ich dir mit, Malin!"
Heute ist Spitaltag, mit dem ganzen Programm: Ein Gutterli nach dem anderen wird angehängt, dann folgt die Lumbalpunktion mit Chemo ins Hirnwasser, dann die Chemo intravenös. Wir sind wieder im Zimmer mit dem feingliedrigen Mädchen, es geht ihr etwas besser, was uns sehr freut. Es ist zwar sehr eng im Zimmer - immer wieder heisst es aufstehen und den Stuhl wegrücken, damit die Pflegefachfrauen den Port anstechen, den Monitor und die Infusomaten ein- und umschalten können. Trotzdem hat es auch etwas Positives: Auf diese Weise kommt man mit anderen Betroffenen ins Gespräch, was sonst eher selten der Fall ist. Die meisten onkologischen Patienten bleiben in ihren Zimmern, denn dort dürfen sie sich ohne Mundschutz aufhalten. Es tut gut, sich auszutauschen und ein paar Worte zu wechseln. Nur Malin - von ihrer Übelkeit geplagt - liegt heute still in ihrem Bett. Anders als sonst ist es für sie heute besonders zäh und die beiden Stunden in Schräglage (Kopf nach unten) nach der Hirnwasserpunktion und Chemogabe ziehen sich endlos dahin. Malin hat Mühe, möchte am liebsten schon nach einer halben Stunde aufsitzen und endlich etwas essen und trinken (wir haben morgens um 2.40 gefrühstückt) - und als sie dann endlich darf, hat sie auf nichts Lust, weil ihr übel ist. Genau das ist das fiese daran.
Nach sieben Stunden sind wir auf dem Heimweg. Wir freuen uns, als wir vor unserer Haustür gleich zwei Überraschungen ganz in rot stehen sehen: Einerseits eine Glasschüssel voller tiefroten Erdbeeren. "Für Malin - en Guata!" steht auf dem Zettel, mit lieben Grüssen von der Pflegefachfrau der Kinderspitex! Und von einem unbekannten Absender eine mehrknospige, rote Rose mit einer kreativ bunten "Last-Chemo-Torten-Spritze" dran! Was für Aufsteller - einmal mehr - danke!