Malin schläft noch eine Weile länger draussen auf der Luftmatratze. Als sie an der Tür auftaucht, fällt es mir sofort auf: Das Herpesvirus hat sich weiter ausgebreitet. Sie verzieht keine Miene - sie kann gar nicht. Das Gesicht ist angeschwollen, es spannt, juckt und schmerzt. Die Tränen rinnen lautlos über ihre Wangen.
Die stark erhöhte Dosis gegen das Virus scheint wenig zu wirken. Auch die Schmerzmittel nicht. Wir versuchen es zusätzlich mit Salben, die den Juckreiz und den Schmerz lindern sollten. Wir haben schon so viele verschiedene ausprobiert, keine hat wirklich geholfen. Nächster Plan: Ablenkung. Wir fahren eine kleine Runde mit dem Fahrrad, besuchen die Entenfamilie mit ihren neun Jungen, die hocherhobenen Hauptes Mama Ente nachwatscheln. Richtig putzig sehen sie aus.
Heute Abend lädt die Gemeinde Oberdorf zur öffentlichen Bandprobe von "Wiudä Bärg" auf dem Landsgemeindeplatz ein. Malin war vor etwa zwei Jahren schon an einem Konzert von ihnen, damals mit Enya und Grosi - es gefiel allen dreien sehr. Wir nehmen an, dass nicht wirklich viele Besucher kommen werden. Schliesslich ist Ferienbeginn, etliche sind bereits unterwegs und ausserdem läuft der WM-Halbfinal zwischen Belgien und Frankreich, das dürfte auch noch einige vor den Bildschirm locken. Umso überraschter sind wir ob diesen vielen Leuten auf dem Platz, damit haben wir nicht gerechnet. Malin ist nach langem Überlegen (am liebsten mag sie zurzeit nicht unter die Leute) doch mitgekommen, sie musste sich heute aber besonders überwinden dazu. Ihr geschundenes Gesicht schmerzt und fällt noch mehr auf, ausserdem spürt sie immer wieder ihre schmerzenden Beine. Hoffentlich schafft es die Musik, sie ein bisschen aufzuheitern und abzulenken.
Etwas ausserhalb des Rummels finden wir noch einen Platz zum Sitzen. Von hier aus können wir dem Geschehen zusehen, hören die Musik und Malin fühlt sich wohl, so dass sie zwischenzeitlich sogar leise mitsingt und im Takt dazu wippt. "Ich ha Färnweh, nach de Weyti nach de Freyheit - wett nu meh gseh..."