Es ist uns schon leichter gefallen, Malin aber auch Joel für eine Woche gehen zu lassen. Es ist ein Gefühl des Loslassens mit einer sehr grossen Portion Vertrauen darauf, dass alles gut kommt. Das ist gar nicht so einfach nach all den Monaten, fordert uns einiges ab, hinterlässt ein eigenartiges bisher unbekanntes Gefühl.
Joel hat ebenfalls gepackt für seine Wanderwoche in die Glarner Berge - und freut sich darauf! Es wird eine körperliche Herausforderung - sie wandern von Hütte zu Hütte - wobei er durch seine sportliche Grundkondition keine grossen Bedenken haben muss. Er wird das schon packen, da bin ich mir sicher. Seine persönliche Grenzerfahrung wird wohl eher die sein, eine Woche ohne Handy und sonstige Gerätschaft auszuhalten. "Geht locker," ist er überzeugt. Na, da bin ich ja mal gespannt. Um halb neun ist die Besammlung am Bahnhof. Unterwegs nach Stans stellt er bereits fest, dass er sein ganzes Trockenfleisch für den Mittagslunch der nächsten Tage im Kühlschrank vergessen hat. "Ja nu, dann mach ich halt eine vegetarische Sonderwoche," meint er locker, es scheint ihn keineswegs zu stören. Spöttisch grinsend fügt er an: "Ich trage das Sackmesser in der Hüfttasche, dann ist es griffbereit, wenn mich ein tollwütiger Fuchs angreifen will!" Malin lacht ob der komischen Vorstellung. Wir verabschieden uns von ihm, bevor er sich zur Gruppe jugendlicher Wanderer aus seiner Klasse gesellt, die ebenfalls mit ihren grossen Rucksäcken parat stehen. Auf ins Abenteuer "Wanderwoche"!
Malin muss erst in einer halben Stunde bereit sein, das gibt uns die Möglichkeit noch etwas im Bistro zu trinken, bevor ich dann auch sie verabschiede. Mit ihrem Reiserucksack an den Schultern und den Krücken zur Unterstützung zieht sie los. Es ist lange her, seit sie eine ganze Woche von uns weg war. Eine intensive Zeit liegt dazwischen.
Diese Woche wird ihr gut tun, obwohl sie nicht überall dabei sein kann. Wandern liegt nicht drin, was sie sehr bedauert und sogar etwas unfair findet: "Es gid viu, wo kei Luscht hend zum Wandere und motzid - ich wurd so gärn gah - und cha nid…"
Als Familie machten wir früher doch einige Wanderungen und Malin war immer jene, die von allen dreien am wenigsten lang reklamierte. Sie lief mit einer überraschenden Leichtigkeit über Stock und Stein und schien irgendwie nie müde zu werden...
Am Mittagessen nur zu dritt sieht Enya durchaus auch Vorzüge: Sie muss nur für drei tischen und sie hat nun unsere volle Aufmerksamkeit ganz für sich allein. Sie nutzt die Gunst der Stunde und textet uns mit ihrer gewohnten Fröhlichkeit ziemlich zu - genau die richtige Ablenkung für den Moment.
Vermissen tue ich die beiden nämlich jetzt schon, ganz im Gegensatz zu Enya. Sie meint ganz pragmatisch: Malin würde sie etwa am Mittwoch zu vermissen beginnen, Joel erst am Freitag - das lass ich mal kommentarlos so stehen...