Ein schöner Herbsttag. Unter anderen Umständen hätten wir längst den Rucksack gepackt, die Wanderschuhe geschnürt und wären losgelaufen...
Nun schauen wir vom Tal in die Berge - Wehmut überfällt uns grad beide... und wir denken an unsere letzte gemeinsame Familienwanderung zurück: Vor zwei Jahren, von Engelberg aus auf die Rugghubelhütte - dort übernachteten wir, wanderten am nächsten Morgen weiter übers Rotgrätli. Damals war es ein erster "Härtetest" für mich nach der FSME (Hirnhautentzündung durch Zeckenbiss). Ich hatte den Test "bestanden", freute mich sehr darüber und war einfach nur dankbar dafür, dass ich wieder gut zu Fuss unterwegs war - unterwegs sein durfte.
Wir waren stets eine aktive Familie, waren immer irgendwo unterwegs. Oft denken wir daran zurück, an all die Ausflüge, Wanderungen, Velo- und Inlinetouren. Zum Beispiel an damals, als wir auf einer Wanderung alle fünf füdliblutt in einen einsam abgelegenen Bergsee sprangen! Ein richtiges Gaudi war's - wie hatten wir gelacht!
Und nun ertappen wir uns dabei, wie wir manchmal richtig wehmütig werden. Wir hatten uns so auf den Sommer und das Ende der Intensivchemotherapie gefreut. Hatten uns gefreut auf ein ganz normales Teenager- und Familienleben, auf einen (fast) normalen Alltag eben.
Jetzt ist Herbst. Und es ist nicht so, wie wir es uns vorgestellt und erhofft haben.
Das ist nicht einfach. Weder für uns, schon gar nicht für Malin. Wir hätten ihr von Herzen gegönnt, endlich wieder mit zu gehen, mit zu können, dabei zu sein! Einfach all die Dinge tun, die sie schon so lange und so gerne wieder tun würde! Sie hätte es sich so verdient!
Schon im Sommer hat sie sich auf den Winter gefreut, in der grössten Hitze vom Schnee geredet. Ihr damaliges Ziel: Endlich wieder auf ihr Snowboard zu stehen und über den Pulverschnee zu gleiten! Frei und unbeschwert!
Es wird nichts draus. Sie wird nicht einmal mehr rodeln können. Die Schmerzen und ihre ausgeprägten Osteonekrosen an beiden Beinen bremsen sie übelst aus. Seit sie dies realisiert hat, freut sie sich nicht mehr auf den Winter.
Es fällt auf, dass sich die früheren Schulfreundinnen nicht mehr so oft melden. Das ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Und sogar nachvollziehbar. Malin hat noch nie ein Wort darüber verloren. Es ist wie es ist. Ihr stotziger Weg führt wohl in eine andere Richtung als jener der Mädchen. Und dies seit mehr als eineinhalb Jahren. Eine lange Zeit in einem so jungen Leben. Wege trennen sich. Und neue werden sich auftun. So ist das im Leben. Kopf hoch! Es geht weiter. Es liegt noch viel vor uns. Für heute ein schöner Herbsttag.