Gestern schon war ein intensiver Tag (Lumbalpunktion, Chemo ins Nervenwasser, Kopftieflage) am Nachmittag folgte die ambulante Diabetesberatung und zum Schluss noch die Physiotherapie. Der Anästhesist klärte uns am Morgen über die nötigen Anpassungen des Levemirs (morgendliches Langzeitinsulin) auf. Da Malin vor der Narkose jeweils nüchtern sein muss, besteht für sie nun die Gefahr, in eine Hypoglykämie zu fallen während der Narkose. Deshalb muss die Insulinmenge vor den Narkosen zukünftig reduziert werden.
In der Nacht schon überlegte ich mir, wie wir das mit dem Mittagessen lösen könnten. Normalerweise lief ich, während Malin im OP-Raum war, ins nahe gelegene Quartierlädeli, kaufte ihre obligaten Rubbel-Lösli, noch dazu Brötchen, Fleisch oder Käse und ein paar Früchte ein. Damit kamen wir locker über den grössten Hunger hinweg und es war ganz praktisch im Spitalzimmer. Ein paar Beeren, eine Mandarine oder ein Stück Brot konnte sie zur Not auch auf der Seite liegend essen. Brot und Früchte aber müsste Malin jetzt genau abwägen und berechnen. Spontan etwas kleines essen geht nicht mehr. Die Spitalkantine fällt auch weg, dazu fehlt uns noch die Übung. Wir müssten zuerst das Essen holen, alle Kohlenhydrate davon einzeln abwägen, berechnen und die entsprechenden Einheiten Insulin vor dem Essen spritzen. Viel zu kompliziert für den Moment. Ausserdem ist sie meistens noch recht müde von der Chemo.
Schlussendlich füllte ich am Morgen früh zwei bereits abgewogene gekochte Portionen Steinpilzrisotto in Kunststoffbehälter ab, schrieb sie mit dem jeweiligen Gewicht genau an. Die Kohlenhydratwerte für "Risotto" haben wir in unserem Handbüechli bereits gefunden und berechnen können. Das Gemüse ebenfalls, jedoch ohne Gewichtsangabe, da kohlenhydratarm.
Nach dem Essen folgte die Diabetesberatung. Erste Fragen wurden geklärt und Malin darf noch ein weiteres Blutzuckermessgerät testen. Dafür erhielt sie an ihrem Arm einen Sensor unter die Haut - ein kleines Kästchen, welches den Blutzuckerwert im Gewebe misst. Mit einem Anzeigegerät kann sie ganz einfach darüber fahren (sogar über Pullover oder Jacke) und schon leuchtet der aktuelle Gewebeglukosespiegel auf. Das ist ganz praktisch, weil sie sich dann nicht immer den Finger piksen muss. Die BZ-Werte sind zwar nicht ganz so genau wie beim Messen am Bluttropfen selber, aber doch annähernd. Und gerade in der Schule oder unterwegs wird sie froh um diese Möglichkeit sein.
Zur Schule kann sie allerdings auch heute nicht. Wir haben einen weiteren Termin bei einem anderen Orthopäden in der Swiss-Ortho-Klinik in Basel. Dieses mal begleitet uns Grosspapi und er fährt auch gleich hin, worüber ich froh bin. Ich hatte schlecht geschlafen, fühle mich ziemlich gerädert. Noch dazu schmälert mein knapp ausgestatteter Orientierungssinn markant unsere Chance, die Klinik mitten in der Stadt in absehbarer Zeit zu finden. Grosspapi hingegen fährt uns mühelos und pünktlich vor den Haupteingang.
Dieses mal klappt es mit den MRI-Bildern. Ich habe sie vorgängig an die Klinik geschickt, damit sich nicht das gleiche Fiasko (mit stundenlanger Wartezeit) wiederholt.
Der Professor kommt ohne Umschweife zum Punkt: Operieren könne man schon, aber zum jetzigen Zeitpunkt würde er klar davon abraten. Die Gefahr, dass die Knochen ganz auseinander brechen, sei zu gross. Und so oder so - um künstliche Kniegelenke käme Malin sicher nicht herum - es sei nur eine Frage der Zeit...
Das sitzt. Tut weh. Hatten so gehofft - vielleicht....?
In Amerika würde man es wohl in einem solchen Fall mit einer Transplantation versuchen, sagt er. Ein grosser Eingriff, aber auch da ohne jede Garantie...
Er schlägt uns vor zuzuwarten, allenfalls konservativ mit Präparaten zu unterstützen und stellt gleich die Rezepte mit der entsprechenden Medikation dazu aus. Ob die auch kompatibel mit der laufenden Chemotherapie sind, werden wir mit den Onkologen anschauen müssen.
Auch das Bisphosphonat wird erneut zum Thema, um die Regeneration der Knochen zu unterstützen, das müssten wir dann allerdings mit dem Endokrinologen anschauen.
Bisphosphonat wird vor allem zur Behandlung und Vorbeugung von Osteoporose angewendet. Leider hat es aber auch da eine Kehrseite: Eine zwar seltene aber mögliche Nebenwirkung davon sind Kiefernekrosen und auch die Nieren werden zusätzlich belastet.
Man kann es drehen und wenden wie man will - irgendwie stossen wir überall an Grenzen...
Im Moment heisst es abwarten - und aushalten. Bis die Chemotherapie in einem halben Jahr, Ende April 2019, zu Ende sein wird und Malins Körper sich von den ganzen Strapazen der Therapie und deren Nebenwirkungen einigermassen wieder erholen kann. Bis dahin heisst es für sie, in der Mobilität eingeschränkt und vor allem mit diesen Schmerzen zu leben.
Gibt es denn kein Schmerzmittel spezifisch gegen diese Knochenschmerzen? Er schüttelt den Kopf. "Nein, die gibt es nicht. Wenn alle diese bisherigen Mittel nicht wirksam waren, dann hilft wohl kaum etwas."