"Bussgeld"

Wir haben Dorfchilbi - noch dazu mit Jubiläum der Kirche. Ein halbes Jahrhundert schon steht sie hier im Dorf, diese erstaunlich moderne und grosszügige Kirche, die heute - zur Feier des Tages - bis auf die letzte Bankreihe gefüllt ist.

Viele im Dorf legten damals Hand an, halfen beim Bau mit und leisteten etliche Stunden Fronarbeit. Der Architekt der Kirche, mittlerweile stolze 85 Jahre alt, richtet noch ein paar humorvolle Worte an die Festgemeinde, verliert sich dann allerdings etwas in seinen Erinnerungen, wie es vor fünfzig Jahren zu diesem einmaligen Auftrag kam.

"Ich ha gmeint, er sägi nur zwei, drey Wort...?" flüstert mir Malin nach geraumer Weile zu. Eigentlich ja schon...

 

In der Turnhalle haben die Sechstklässler für die kleineren Kinder verschiedene Posten aufgestellt, im Kirchensaal gibt's Speis und Trank und zum Jubiläum findet noch das altbekannte "Trüllern" statt, wobei verschiedene Preise zu gewinnen sind. Erfreulich viele Leute sind da, es ist eine gemütliche Stimmung und es gibt einiges zu tun in der Festwirtschaft. Wir sind, mit noch einigen anderen zusammen, im Einsatz und helfen tatkräftig mit. Enya hat gestern schon beim Aufbau mitgeholfen und findet es besonders cool, dass so viel los ist.

Und auch Malin kommt mit. Seit gestern sind endlich diese Kopfschmerzen weg und sie fühlt sich wieder wohl! So wohl, dass sie heute sogar oft ohne Krücken unterwegs ist. Es fällt uns auf - und wir wissen, sie wird es am Abend büssen. Sie weiss es selber auch, deshalb sagen wir nichts. Schliesslich wird schon oft genug über sie bestimmt. Welche Medikamente, wieviel davon, wann - und noch über vieles mehr, was sie tun oder vor allem nicht (mehr) tun darf.

Sie geniesst es, einfach dabei zu sein. Ohne aufzufallen und ohne irgendwelchen Gehhilfen. Am späteren Nachmittag jedoch bittet sie mich, sie nach Hause zu fahren. Sie hätte solche Schmerzen...

Zu Hause kann sie sich kaum mehr auf den Beinen halten. Wir ersparen ihr irgendwelche Vorwürfe, was bringt's? Aber wir betonen, dass sie niemandem etwas zu beweisen braucht, auch nicht uns oder sich selbst. Denn letzten Endes ist es ein schmerzendes Bussgeld, das sie für den nur kurzen Moment des "Freiheitgefühls" zahlen muss.