Zimmertausch

Auch heute sieht Malins Blutbild nicht besser aus. Die Werte sind weiter gesunken. Die Hausärztin blickt uns etwas ratlos an, meint, sie nehme Kontakt mit den Onkologen auf, was in diesem Fall zu tun sei. Denn eigentlich hat Malin bereits die tiefst mögliche Dosis der Chemo - trotzdem sind die Leukozyten weiter gesunken, ebenfalls ihre Abwehr. Es fehlt nicht mehr viel und sie ist einmal mehr neutropen. Will heissen, ihr Immunsystem ist erneut auf äusserster Sparflamme und damit die Gefahr eines Infektes viel grösser.

Der Onkologe gibt telefonisch Anweisung: Die Chemo soll vorläufig gestoppt werden, damit sich Malins Körper wieder etwas erholen kann. Bei Auffälligkeiten sollten wir uns grosszügig melden.

 

Grosspapi und Grossdädi sind wie abgemacht schon früh mit ihrem persönlichen Holzmaschinenpark bei uns eingetroffen. Malin hat sich entschieden. Jetzt ist der Zeitpunkt da, die Zimmer zu tauschen. Jedoch schweren Herzens.

Enya hat ein Hochbett, das allerdings unmöglich ins abgeschrägte Dachzimmer passt. Und Malin selber hat keine Chance, da überhaupt hoch geschweige hinunter zu steigen. Deshalb wird kurzerhand gesägt und gekürzt. Die beiden Männer schrauben auseinander, messen ab, sägen zu und setzen das Bett wieder in angepasster Höhe zusammen.

Auch die Pulte werden gezügelt und jetzt kommt noch der Rest. Es herrscht ziemliches Chaos. Und dies nicht nur in den Zimmern...

Malin wünscht sich nochmals in ihrem Zimmer schlafen zu dürfen. Als ich ihr gute Nacht sage, sehe ich, wie ihr die Tränen über die Wangen rinnen. "Es macht mich so truirig!" weint sie.

Der Regen prasselt auf das Dachfenster - seit langem wieder einmal - aber das macht es auch nicht besser, denn genau das hatte sie immer so gern - und genau das wird sie nun nicht mehr haben. Auch ihr geliebter alter Kronleuchter und ihr Hängestuhl passen nicht mehr ins kleine Zimmer, die niedere Raumhöhe und die kleine Zimmergrösse lassen es schlicht nicht zu. Sie werde sogar die uralten, fast zweihundertjährigen Holzbalken vermissen, obwohl sie sie dereinst gar nicht toll gefunden hatte. Sie befürchtete anfänglich, es könnte sie plötzlich ein Holzwurm aus dem Balken heraus angucken...

Jetzt ist sie untröstlich. Ich versuche sie aufzumuntern - ohne wirklichen Erfolg. Sie hatte den Zimmerwechsel so lange heraus gezögert wie es nur ging. Manchmal war es für uns kaum mehr mit anzusehen, wie sie sich die schmale Holztreppe hochzog, ja richtig hochkämpfte und jeweils rückwärts wieder hinunter stieg. Es war eine Frage der Zeit - aber es war wichtig, dass sie über wenigstens diesen Zeitpunkt selber bestimmen konnte. Jetzt also ist es so weit.