abgeklärt

Sie hatten recht: Man gewöhnt sich daran. Es schränkt wohl ein und manchmal, doch - manchmal ist es auch mühsam und umständlich - aber man gewöhnt sich daran. Malins abgeklärte und umsichtige Art kommt ihr einmal mehr zugute. Sie misst ab, berechnet, spritzt - ganz so, als würde sie das schon seit langem tun. Unkompliziert, selbstverständlich, unaufgeregt. Sie hat es schon erstaunlich gut im Griff, dabei sind noch keine drei Monate vergangen seit der Diagnose Diabetes Typ 1. Malin hat gelernt, damit umzugehen und klar zu kommen, denn ändern kann sie es nicht. Immer wird ihr das vielleicht nicht gleich gut gelingen und es wird wohl auch Momente geben, wo sie das alles besonders blöd findet, aber davon unterkriegen lässt sie sich nicht - auch davon nicht.

 

Auch wir haben wieder viel dazu gelernt. Wie man die Kohlenhydratwerte berechnet, wie man gewisse Mischgerichte und Gebäcke möglichst genau schätzt, wie man die Blutzuckerkurve im akzeptablen Bereich halten kann und wie man reagieren muss, wenn es denn mal nicht ganz so stimmt wie es sollte, die Werte zu hoch beziehungsweise zu tief sind. Der Diabetes gehört nun zu unserem Familienalltag dazu - aber er bestimmt ihn nicht. Auch das haben wir gelernt. 

 

Kurz vor Weihnachten gab es diesbezüglich eine besonders schöne Geschichte: Malin erhielt ein Päckli zugeschickt vom Facharzt Diabetologie. Zuerst dachte sie an Diabetesmaterial, vielleicht Nachschub oder Ersatz von irgendwas?

Sie packte es aus und nein, es war nichts dergleichen - zum Vorschein kam eine grosse Schachtel Pralinen! In einer Karte verwies der Arzt auf den Film "Forrest Gump" - dort käme immer wieder diese Pralinenschachtel vor, zu der Forrest seine Mutter zitierte: "Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiss nie, was man kriegt."

Da Malin die letzten beiden Jahre alles andere als gute Pralinen erwischt hätte, schicke er ihr nun eine Schachtel mit nur guten drin! Und damit es nicht ganz so "schräg" erscheine, dass ein Facharzt Diabetologie ausgerechnet einer Diabetikerin Pralinen schickt, habe er sie alle abgewogen und mit dem jeweiligen Kohlenhydratwert beschriftet. Die Kirschstängeli ausgenommen, die seien für uns Eltern.

Da standen wir nun - alle um diese Schachtel herum - und staunten und während ich vor Rührung um meine Fassung rang, strahlte Malin uns nur an, so sehr freute sie sich darüber. Und die Pralinen, die schmeckten tatsächlich besonders gut!