Malin fühlt sich soweit gut und - sie hat ihr Wochenziel erreicht und darf nach Hause!
Beim Entlassungsgespräch mit der zuständigen Oberärztin werden noch offene Fragen geklärt. Sie ist sehr wohlwollend und nimmt sich Zeit. Wahrscheinlich ist es gerade ihre Nettigkeit, die bei mir den Schalter auf "Fassung verlieren" kippt. Das ist jetzt das Allerletzte was ich brauchen kann, aber die Tränen rinnen ungefragt. Die ganze angestaute Anspannung der letzten Tage und Wochen scheint sich zu lösen. Ausgerechnet jetzt - das hat mir gerade noch gefehlt! Zum Glück ist Malin in ihrem Zimmer und bekommt davon nichts mit.
Die Oberärztin schaut mich verständnisvoll an. Sie hat selber eine Tochter. Sie versteht.
"Ich habe die letzten Berichte von Malin gelesen - sie hat ja schon einiges durchgestanden."
Sie beantwortet meine Fragen in ihrer angenehm ruhigen Art, gibt mir noch die letzten nötigen Papiere und Berichte ab und wünscht uns alles Gute.
Malin verabschiedet sich von ihrer Bettnachbarin, auch sie darf heute heim. Die Handynummern werden ausgetauscht.
"Es hat mich gefreut, dich kennen zu lernen! Vielleicht sehen wir uns irgendwann einmal bei euch in der Schweiz?" meint das Mädchen und winkt uns zum Abschied zu.
Zurück im "Blauen Haus" packen wir unsere Taschen um. Das grosse Gepäck bringe ich schon mal zum Hauptbahnhof, verstaue es in ein Schliessfach und löse auch gleich die Fahrkarten nach Hause.
Malin bleibt derweil im Haus und telefoniert mit den Daheimgebliebenen. Bevor sie aufhängt sagen wir noch spasseshalber: "Wir nehmen an, ihr backt uns einen Willkommenskuchen....?"
Im "Blauen Haus" duftet es wunderbar. Auf der Anzeigetafel am Eingang steht:
Heute frisch gebackene Waffeln für alle die mögen!
Treffpunkt in der Gemeinschaftsküche.
Malins Gesichtsausdruck ist unschwer zu deuten - sie liebt Waffeln! Ausserdem hat sie so noch die Gelegenheit, sich im "Blauen Haus" richtig umzuschauen. Viel davon hat sie schliesslich noch nicht gesehen.
Eine junge Frau steht in der Küche am Waffeleisen und freut sich über unser Kommen: "Nur herein! Lust auf Waffeln? Ich habe eine riesen Portion Teig - das muss alles gegessen werden!"
Na ja, dazu muss sie uns nicht zweimal bitten - beherzt greifen wir zu. Haben wir uns verdient!
Wir bedanken uns für die Gastfreundschaft und verabschieden uns. Mit Rollstuhl und ohne schweres Gepäck sind wir locker unterwegs, machen zum Abschluss noch eine Runde durch die Stadt, bevor wir den Zug nach Zürich nehmen. Diesmal klappt alles wie am Schnürchen - auch das Umsteigen. Davor hatten wir am meisten Respekt, schliesslich ist Malin noch nicht wirklich gut zu Fuss unterwegs, vor allem das Aufstehen macht ihr Mühe, ist besonders schmerzhaft. Aber sie schafft es - und in Luzern holt uns Padi ab.
Auch zu Hause erwartet uns ein wunderbarer Duft: Joel hat tatsächlich einen Kuchen gebacken und Enya hat ihn verziert: "Willkommen zu Hause" steht drauf. Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet, zumal wir wissen, dass Backen definitiv nicht zu Joels Hobbies gehört (und wohl auch nie gehören wird).
Wir schätzen es umso mehr!