Sich Zeit nehmen, zuhören, austauschen.
Darum geht's wohl auf dem jährlichen sogenannten "Versöhnungsweg" mit den ehemaligen Erstkommunikanten, der hier in Büren jeweils durchgeführt wird. Bereits mit Malin habe ich vor fünf Jahren unseren eigenen Weg geplant und durchgeführt. Und es hat uns beiden damals so gut gefallen, dass ich nun das selbe auch mit Enya vorhabe.
Mit gefülltem Rucksack laufen wir los Richtung Wald. Bei einer Lichtung kreieren wir gemeinsam ein Waldbild mit allerlei Dingen, die wir im Wald finden und die uns gefallen: Blätter, Blumen, Steine, Äste...
Doch, sieht ganz gut aus, wir sind zufrieden mit unserem Werk. Vielleicht siehts ein Wanderer, vielleicht wird es zuvor schon von Wind und Wetter wieder zerzaust. Macht nichts, wir ziehen weiter.
Mit wasserlöslichem Filzstift beschriften wir einen faustgrossen Stein (den wir unterwegs gesucht und gefunden haben) mit lauter Dingen, die uns in letzter Zeit nicht so liefen, die uns bedrückten, gar traurig oder unglücklich machten. Dann marschieren wir damit bis zur alten Brücke beim Aa-Wasser und werfen den Stein möglichst weit und schwungvoll in den Fluss. Enyas Wurfkraft reicht um einiges weiter als meine. Habe ich schon vermutet, denn zugegeben, meine "Wurftechnik" verdient nicht einmal diese Bezeichnung. Enya lacht verschmitzt, auch sie hat es schon geahnt.
Unser Aufgeschriebenes wird sich durch das Wasser und die Strömung wohl langsam auflösen - bis es irgendwann weg sein wird.
Im Restaurant stärken wir uns bei einer Portion Pommes und Salat. Wir sind nicht oft im Restaurant und schon gar nicht zu zweit. Sie findet, man könnte dies locker wiederholen - ihr gefällts. Ihre manchmal recht pubertären und lauten "Schübe", die in letzter Zeit immer häufiger vorkommen, sind in diesem Moment in weite Ferne gerückt. Die Stimmung ist locker. Sie erzählt von Freunden, der Schule, vom Sport. Und von der Familie. Alles, was ihr zurzeit wichtig ist.
Mittlerweile ist es dunkel draussen und wir zücken die Stirnlampen zum Weiterlaufen. "Hast du Wünsche für deine Zukunft?" frage ich sie. Hat sie. Vielleicht hätte sie sich noch vor zwei Jahren ein eigenes Pferd oder einen Hund gewünscht, heute ist ihr zuerst genannter Wunsch: Dass die ganze Familie gesund ist.
Am Ufer des Aa-Wassers stehend zünden wir kleine Kerzen an, legen diese auf ein Holzbötli und schicken alle unsere Wünsche damit schon mal vor. Wir schauen dem kleinen Licht nach, das sich schaukelnd immer weiter flussabwärts bewegt, bis wir es irgendwann nicht mehr sehen.
Es ist schon spät, und unser Weg für heute Abend zu Ende. Sie umarmt mich und bedankt sich dafür. Es hat gut getan, uns beiden. Ein paar Stunden Zeit, nur ganz für sie allein - mit gemeinsamen Gesprächen und vor allem - mit Zuhören!
Dabei durfte ich feststellen, es geht ihr gut! Ihre Lebensfreude, ihre Unbeschwertheit und ihre Energie sind nach wie vor da! Sie wird ihren Weg meistern, da bin ich mir ganz sicher! Ihre Zukunftswünsche dazu sind ja schon mal unterwegs...