Katharinenhöhe

Wald - Hügel - Wald... so weit das Auge reicht! Das Navi führt uns zielsicher durch das dichte dunkle Grün des Schwarzwalds. Zum Glück, denn mit meinem spärlich ausgestatteten Orientierungssinn wären wir wohl nie hier angekommen! Wie Hänsel und Gretel im Wald verloren... und Brotbrosen haben wir definitiv zu wenig dabei, stellen wir lachend fest.

"Freust du dich?" wurde Malin in den letzten Wochen häufig gefragt.

"Ich weiss nid", sagte sie stets, denn sie hat schlicht keine Ahnung, was genau sie hier erwartet. Aber ihre offene, abgeklärte, interessierte und umgängliche Art kommt ihr sicherlich zugute und wird sie das momentan noch mulmige Gefühl bald vergessen lassen.

Eine Lichtung, mehrere Gebäude, Klettersteig, Basketfeld, Sportanlage - ja ein richtiges "Klinikdorf" wird sichtbar. Wir sind angekommen auf der Katharinenhöhe.

Im "Jugendhaus" melden wir uns an, wir werden bereits erwartet. Malin wird auf der Liste angekreuzt, einige letzte Formulare müssen ausgefüllt und unterschrieben werden. Grossmami und Grosspapi holen währenddessen das Gepäck und den "Turbo".

"Halloooo, ich bin die Dani" begrüsst uns eine aufgestellte, herzliche Stimme. Die junge Frau lacht uns an, schüttelt uns allen die Hand.

"Ich bin deine Betreuerin für die nächsten vier Wochen! Willkommen!"

In diesem Moment bin ich erleichtert, die Dani sieht sehr sympathisch aus. Sie lotst uns Richtung Lift, zeigt unterwegs die Gemeinschaftsstube mit Fernseher, Töggelikasten und Billardtisch.

Malin hat ein Doppelzimmer für sich allein. Mit eigenem WC und Dusche und Sicht in den Wald (hier ist gar keine andere Aussicht möglich). Dani führt uns in den Jugendraum mit kleiner Küche, mehreren Tischen, Sofaecke. Das ist der Treffpunkt der Jugendgruppe. 12 Jugendliche sind mit dabei, alle zwischen 15- und 17-jährig. Alle mit ähnlichen Geschichten. Malin ist die Jüngste.

"Wir treffen uns um 16.30 Uhr hier, ich lasse euch verabschieden!"

Viel Zeit bleibt uns nicht dazu - ist vielleicht ganz gut so. Wir drücken uns ganz fest - würde sie am liebsten gar nicht mehr loslassen. Und doch, ich habe ein gutes Bauchgefühl. Es wird wohl genau das sein, was sie jetzt braucht.

Grosspapi übernimmt die Rückfahrt, ich bin froh. Gedankenverloren lasse ich den Blick durch die Wälder schweifen. Hoffentlich gefällt es ihr, fühlt sie sich wohl, findet sie nette Gspändli...

Erst zu Hause - es hat bereits eingedunkelt - erwischt es mich eiskalt. Sämtliche Emotionen kommen schmerzhaft hoch und brechen sintflutartig aus - den ganzen Abend lang. Es fühlt sich an, als hätte ich ein Stück von mir im Schwarzwald zurück gelassen... vermissen nennt man das wohl...