Es ist gemein heiss. Malin startet ihre 40-tägige Therapie in der Überdruckkammer. Die längliche abgerundete Kammer ist mit Bullaugen versehen, damit man von aussen kontrollieren kann, wie es den Patienten drinnen geht. Ausserhalb der Kammer ist eine Schaltstelle mit diversen Knöpfen und Schaltern.
Zurzeit sitzen sie zu viert in der Kammer. Alle hatten Krebs. Kehlkopfkrebs, Zungenkrebs, Knochenkrebs, Leukämie.
Handys, Uhren, Schlüssel oder andere Gerätschaften müssen vorher draussen deponiert, die Trinkflaschen geöffnet werden. Bücher und Zeitschriften sind erlaubt.
Während der ersten Viertelstunde wird der Druck aufgebaut. Malin muss dabei immer wieder den Druckausgleich machen. Es werde sehr warm und laut in der Kammer, erklärt sie uns, miteinander reden könne man kaum. Dann wird zusätzlich eine Sauerstoffmaske aufgesetzt. Nach eineinhalb Stunden wird der Druck während 15 Minuten wieder langsam reduziert. Erst dann können die Türen überhaupt geöffnet werden.
Platzangst darf man hier definitiv keine haben.
Durch den Überdruck sollen kleinste, kaum sichtbare Blutgefässe aktiviert werden, um bei Malin das verletzte Knochengewebe rund um die Nekrosen (Knochennekrosen ist abgestorbenes Knochengewebe, welches nicht mehr regenerierbar ist) zu regenerieren.
Auf diese Weise sollten die Schmerzen gelindert, folglich die starken Medikamente reduziert und der Organismus entlastet werden können. Sie wird auch weiterhin nicht rennen, nicht turnen, nicht wandern können - aber zumindest möglichst schmerzfrei gehen. Das ist das Ziel.
Malin packt auch diese Herausforderung mit der ihr typischen Abgeklärtheit an. Jeden Morgen sitzt sie ihre zwei Stunden in dieser unbequemen Überdruckkammer (ab). Am Mittag essen wir gemeinsam und dann trotzen wir der Hitze und besuchen Tierpark, das Tinguelymuseum (in angenehm klimatisierten Räumen), schlendern beziehungsweise rollen durch Basel, lassen uns im Rhein treiben (Malin in einem aufblasbaren Reifen sitzend, damit ihre Beine stabil fixiert sind) und picknicken im Park.
Wider Erwarten wird es eine richtig gute Woche. Trotz Hitzerekord (am Freitag mit 36.5 Grad!) Trotz Stadt. Trotz Überdruckkammer.
Schon fünf Tage geschafft! Wir entschliessen uns, die nächsten Wochen von zu Hause aus nach Basel zu fahren. Dabei wechseln wir uns ab. Zusätzlich übernehmen Grossmami und Grosspapi ab und zu einen Fahrdienst, damit wir mit Enya gemeinsam eine Rad- oder Wandertour unternehmen können. Auch Freunde haben sich bereit erklärt bei Engpässen auszuhelfen.
Jeweils um 6.30 fahren wir los und haben so noch eine halbe Stunde Reserve, falls es irgendwo verkehrstechnisch stauen oder stocken sollte. Denn zu spät kommen dürfen wir nicht: Wenn der Überdruck aufgebaut ist, kann die Kammer nicht mehr geöffnet werden und wir müssten wohl unverrichteter Dinge wieder heim. Das wollen wir nicht riskieren.