Es herrscht allgemeine Aufbruchstimmung. Alle packen. Enya fährt mit dem Leichtathletikverein per Fahrrad nach Rust in den Europapark (und hat so ihre Bedenken, ob sie das schaffen wird...), Joel packt seine Militärklamotten aus, Malin hat eine Lagerwoche für krebsbetroffene junge Menschen im Bündnerland vor sich. Obwohl sonst sehr offen für alles und jeden, hält sich ihre Begeisterung im Moment in Grenzen. Die Therapie in Basel ist eben erst abgeschlossen, sie dauerte rund drei Monate, war parallel zum Unterricht intensiv und anstrengend. Am liebsten würde sie ganz einfach zu Hause bleiben, zumal sie einiges an Unterrichtsstoff aufzuarbeiten hätte. Verständlich.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln würde die Anfahrt mehrere Stunden dauern, mit dem Auto über den Pass wär's wesentlich kürzer. Ein Tapetenwechsel mit Wandern und "die Seele baumeln lassen" täte auch uns gut und so haben wir vor, Malin zum Lagerhaus und anschliessend weiter für ein Wochenende nach Flims zu fahren.
Das Wetter ist garstig. Es regnet seit Tagen in Strömen. Rekordmengen. Flüsse treten über die Ufer, Strassen werden von Erdrutschen verschüttet, die ersten Pässe sind mit Schnee bedeckt.
Irgendwann dann die Meldung: Oberalppass gesperrt, Uri komplett abgeriegelt, die Autobahn überflutet. Damit haben wir nun nicht gerechnet. Wird nichts aus dem kurzen Anfahrtsweg. Wir nehmen den Umweg über Chur - so wie alle anderen zwangsläufig auch. Es stockt und staut, nach mehr als vier Stunden kommen wir ziemlich verspätet am Ziel an.
Der Empfang ist herzlich, die Leiter freuen sich, das Gepäck wird auf das Zimmer gebracht. Malins Zimmerkollegin ist schon eingerichtet, begrüsst sie fröhlich: "Es hat mich ja richtig gefreut, als ich auf der Liste die neuen Namen sah! Ich bin schon zum fünften Mal hier im Lager! Es ist super, du wirst sehen!"
Sie sollte Recht behalten. Viel von Malin hören und sehen wir nicht in dieser Woche, einmal ein Foto vom ersten Schneefall und ein paar Zeilen dazu.
Während wir, wieder zu Hause, mit Enya Wander- und Velotouren machen, geniesst es Malin im Lager. Graffiti gestalten, Handlettering, Krimi-Dinner, Tanzen, Komponieren, Siebdruck, Töggele, "Lost place", Origami, Tischtennis, und zu guter Letzt die Pokerrunde. Dazu wurden zwei waschechte Pokerprofis eingeladen die eigens dazu ihre Profi-Pokertische mitbringen. Nach einer kompetenten Einführung ins Spiel und einer Übungsphase gilt es ernst: Die Spielrunde beginnt, "all in" wird mehrfach angesagt - mit gekonnt aufgesetzten Pokerfaces...
Irgendwann, spät abends, die Nachricht im Familienchat: "Leuteeee ich ha bim Pokärä gwunnäääää!!!" ergänzt mit noch allerlei Emojis.
Als Pokerneuling völlig unerwartet, hat sie alles "abgeräumt"!
"DIE WOCHE :)" ist vorbei. Der Pokal unseres "Pokerchampions" glänzt bei uns auf der Küchenablage. Malin ist glücklich müde. Sie erzählt. Es war ganz einfach ein kreatives, vielseitiges, lustiges, grandioses Lager mit lauter wunderbaren Leuten!
Lagerluft!
Ihr einstiges Pfadihighlight, das Sommerlager, fiel dieses Jahr für Malin ganz weg. Mit ihren lädierten Beinen wäre es ein einziger schmerzhafter Krampf gewesen. Sie spürte, dass es einfach keinen Sinn mehr machte. Leicht fiel es ihr nicht, aber sie verlor kein Wort darüber, winkte gefasst Enya und den anderen nach, als diese mit dem Zug ins Pfadilager losfuhren.
DIE WOCHE :) machte nun vieles wieder wett, und: "Nächscht Jahr gahn ich de wieder!" Das ist für sie jetzt schon klar.
"Einfach im Jetzt, einfach unbeschwert, einfach zusammen, einfach dazu gehören" lautet das Credo des Vereins mit dem vierköpfigen Lagerleiterteam. Es ist ihnen mit ihrem abwechslungsreichen Programm durch und durch gelungen!
Einzig der Schlaf, der kam ganz offensichtlich zu kurz und irgendwann nickt sie ein und verschläft den Rest des Tages.
Macht nichts. Es regnet in Strömen.