Wir sind unterwegs zu einer 3. ORS-Klasse in Luzern. Malin erhielt eine Anfrage, ob sie ihre Geschichte erzählen würde.
Im Gepäck sind die langen Mut-Perlen-Ketten, der Port, der nach dem operativen Entfernen sauber in einen transparenten Beutel versorgt worden war und einige Fotos von ihr während ihrer Therapie.
Der Lehrer stellt uns der Klasse vor und übergibt Malin das Wort. Sie erzählt. Vom ersten Tag, als sie erfuhr, dass sie an Leukämie erkrankt war und sich daraufhin ihr ganzes Leben auf den Kopf stellte. Von der Therapie, vom Haarverlust, von den vielen Mutperlen, die jede eine andere Bedeutung hat. Sie erzählt wie es war, so lange im Spital zu sein und nicht mehr in die Schule zu dürfen. Und sie erzählt von den vielen schmerzvollen und intensiven Nebenwirkungen, die sie hat aushalten müssen. Die Schülerinnen und Schüler, kaum jünger als sie selbst, hören zu. Mucksmäuschenstill ist es, keiner redet.
Wir projizieren einige Fotos an die Wand. Malin ohne Haare, ohne Wimpern, ohne Augenbrauen. Beim Anblick des Bildes geht ein leises Raunen durch die Klasse. Wenn man sie jetzt sieht, mit ihren langen Locken - kaum vorstellbar, dass dieses Bild noch gar nicht allzu lange her ist. Sie hat seither noch nie die Haare geschnitten.
Malin mit "Kari", voll behängt mit allerlei Gutterli in verschiedenen Farben...
Malin auf der Intensivpflegestation, angeschlossen an so viele Kabel und Schläuche. Schwer krank.
Malin mit der End-of-Chemo-Torte. Ein Lachen im Gesicht - wieder auf dem Weg.
Sie erzählt, ich ergänze.
Ein Einblick in ihre Geschichte, die etwas anders verlief als jene der Zuhörer*innen.
Einige stellen Fragen. Es sind richtig gute Fragen.
"Was hast du die ganze Zeit hindurch gemacht, als du im Spital bleiben musstest?"
"Konntest du im Spital in die Schule?"
"Wie hast du dich gefühlt, als du nach so langer Zeit wieder in die Schule gingst, in eine neue Klasse?"
"Was war das Schwierigste während der Therapie?"
"Was waren das für Nebenwirkungen?"
"Wie war es für die Geschwister?"
"Konntet ihr (Eltern) überhaupt noch arbeiten?"
"Hast du auch mal daran gedacht aufzugeben?"
"Sehen deine Haare heute anders aus als zuvor?"
"Hattest du auch Angst, dass du es nicht schaffen könntest?"
"Wie ist es für dich, jetzt darüber zu reden?"
Malin gibt Antwort. Klar, offen, unaufgeregt. Im Nu ist eine Stunde um. Immer noch still, alle hören zu.
Was geht ihnen jetzt wohl durch den Kopf? Der Lehrer bedankt sich für die Offenheit, die Schülerinnen und Schüler klatschen.
Applaus. Für ihre Geschichte.
Wohlverdient.