abwarten

Die Sonne scheint, ich sitze zu Hause. Isoliert. Fast genau ein Jahr später hat es uns erneut erwischt. Vor drei Wochen (just nach ihrem Geburtstag) Malin, jetzt mich.

Positiv. Ausgerechnet! Jetzt kann ich sie nicht einmal im Unispital besuchen. Aufmuntern und gut zureden, wenn es denn nötig wäre. Oder einfach nur zuhören, über Gott und die Welt diskutieren, damit die (Spital)Zeit etwas schneller vergeht. 

Leicht angespannt warte ich auf den Anruf von Padi, der bei Malin im UKBB ist. Tigere umher, mache dies und das aber nichts wirklich konzentriert.

Heute Morgen früh wurde sie operiert, mittlerweile ist es fast drei Uhr nachmittags.

Das Handy surrt, schrecke auf, es ist der Chirurg.

"Die OP ist soweit gut verlaufen," teilt er mit. "Nur, das verkeilte Teil war kein abgebrochener Knochen, sondern leider der Knorpel, der sich fast ganz abgelöst und nun das Gelenk blockiert hatte. Wir konnten ihn nicht refixieren und mussten ihn entfernen. Weder Knorpel noch Knochen wären intakt genug dafür gewesen."

Der Knorpel ist nun also fast ganz weg. Und der Knochen beschädigt. Was heisst das konkret? Wird sie so gehen können? Werden die Schmerzen noch zunehmen?

 

"Das wird sich zeigen. Malin muss in den nächsten Wochen herausspüren, ob sie so im Alltag zurecht kommt und die Schmerzen für sie auszuhalten sind."

Und wenn nicht?

"Dann müssen wir halt doch schon jetzt eine Knieprothese oder eine Transplantation in Betracht ziehen. Beides ist nicht ideal, weil sie noch so jung ist und eine Prothese nicht ewig hält (10-15 Jahre) und auch nicht beliebig oft ausgewechselt werden kann."

 

Demnach bleibt uns also nur eines: Abwarten, hoffen und zusehen, wie es sich während den nächsten Wochen entwickelt.

 

"Hallo... wie gehts dir? Bist du wach? Hast du Zeit zum telefonieren?"

"Ja, wart nu schnell....

So, jetzt bini parat... über videocall?"

 

Da ist sie. Grinst mich über den Bildschirm etwas müde aber wohlauf an. Alles soweit in Ordnung. Es täte schon noch recht weh, sagt sie. Und es hätte eine blutige Sauerei gegeben, weil das Blut, welches hätte in einen Beutel ablaufen sollen, eben nicht in sondern neben den Beutel geronnen ist. Und da ihr Bein noch taub war, spürte sie nichts davon. Irgendwann habe sie dann die Blutlache gesehen, in der sie gelegen sei.

"Es isch churz echli hektisch wordä!" sagt sie nur und lacht, wohlwissend, dass mir bei der blossen Vorstellung daran schon flau im Magen wird. Bin grad froh hab ich das nicht gesehen. Immerhin ein positiver Punkt an meiner Isolation.

 

Sie schwenkt die Kamera auf alle Seiten, zeigt das äusserst geräumige Zwei- Bett- Zimmer mit eigener Toilette und erzählt beeindruckt von der grossen und abwechslungsreichen Menükarte.

"Bi total überforderet gsi, eso ne grosse Uiswahl!" 

 

Wenn sie mit den Stöcken Treppen steigen kann, darf sie nach Hause. Sonntag Nachmittag sei zwar ein sportliches Ziel, meint der Arzt, aber mit entsprechenden Physioübungen durchaus möglich. 


Malin hat ihr sportliches Ziel erreicht.

Sie ist wieder zu Hause!