Soeben hat sie sich Skihose sowie Jacke gekauft. Jetzt schlüpft sie in den zweiten Skischuh, drückt die Schnallen zu und geht ein paar Schritte zwischen den Regalen des Sportgeschäfts hin und her. Dann setzt sie sich auf einen freien Stuhl und blickt auf ihre Füsse, die beide noch in den klobigen Schuhen stecken.
Auf einmal rinnen die Tränen. Sie weint und ihr Oberkörper wird dabei richtig durchgeschüttelt. Irgendwie scheint alles hoch zu kommen. Wohl gemischt mit Freudentränen.
Wann hat sie das letzte mal Skischuhe getragen? Es dürfte etwa zwölf Jahre her sein. Später glitt sie gekonnt mit dem Snowboard die Schneehänge hinunter.
Vor sieben Jahren erkrankte sie. Seither stehen Snowboard sowie Ski unangetastet im Keller. Zwangsläufig.
Es kommt selten vor, dass sie ihre Fassung verliert. Ein ungewohntes Bild. Meistens wirkt sie abgeklärt, oft sogar in unmöglichen und schwierigen Situationen.
Dass sie jetzt so bitterlich weinen muss, ist wohl ein wichtiger Schritt zum Verarbeiten der letzten Jahre. Es werden sicher nicht die letzten Tränen sein. Gut so. Von mir aus darf sie so viel und oft weinen wie sie braucht und sie darf auch fluchen, ausrufen und wütend sein - wir würden es voll und ganz verstehen...
Es ist soweit. Malin will (endlich wieder) Ski fahren. Sie fragt vorsichtig bei der Physiotherapeutin nach und diese gibt ihr tatsächlich grünes Licht. Sie dürfe auf die Ski, müsse es jedoch selber einteilen können, was und wieviel körperlich drin liege. Pragmatisch fügt sie noch an, falls bei einem Sturz die Knochen brechen würden, dann sicher nicht am Knie selbst, sondern ober- oder unterhalb davon.
Wenig tröstlich aber wohl wahr. Die Therapeutin überzeugt letztlich auch Padi, der diesem frühen Skifahr-Neustart skeptisch entgegenschaut. Er befürchtet, dass Malins Beinmuskulatur noch zu wenig aufgebaut ist, um solchen Belastungen standzuhalten. Da hat er nicht unrecht. Sie hat noch wenig Power und Energie in den Beinen. Dies bedingt, dass sie sich, ihren Körper und dessen Grenzen umso mehr spüren muss. Und das kann sie. Wir vertrauen ihr.
Die ersten Probefahrten macht sie mit einer Freundin in Engelberg auf der Klostermatte. Also keine wilden Abfahrten. Einfach testen, wie es sich anfühlt mit den Latten an den Füssen.
Sie hat es geschafft. Ein gestecktes Ziel hat sie nun bereits erreicht.
Sie freut sich riesig darüber - und ist stolz. Zu Recht!