rechter Arm

Nach den Wochen Interrail durch Frankreich und Italien ist sie mit schönen Erfahrungen im Gepäck kurz nach Hause gekommen. Es stehen einige Arzttermine an, weil sie seit einigen Monaten Schmerzen am rechten Arm spürt und diesen auch nicht mehr richtig anwinkeln sowie strecken kann. Ausserdem blockiert das Ellenbogengelenk immer mal wieder. Bisher konnte sie es jedoch stets selbst wieder lösen.

Die ganze Geschichte kommt uns nur allzu bekannt vor.

"Dä Arm tued mier immer wieder so weh," sagt sie mir eines Tages im Winter, so ganz nebenbei. 

"Hast du dich gestossen irgendwo? Oder ein Sturz auf den Arm?"

Sie kann sich an nichts ähnliches erinnern. Und die Schmerzen bleiben. Hartnäckig.

Im Gegenteil. Sie werden stärker und der Arm eingeschränkter in der Bewegung. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen.

Ein sonderbares Gefühl überkommt mich. Bestürzung, Enttäuschung, Ernüchterung, Traurigkeit, Angst.

Wir haben uns alle so gefreut für sie. Die Beine waren operiert, die Prothesen eingesetzt und damit konnte sie einen "Abschluss" ihrer langen Krankheitsgeschichte sowie einen Anschluss an ein normales, schmerzfreieres Leben finden. Eine gewisse Ruhe ist eingekehrt. Ein Aufatmen. Loslassen. Sich neu orientieren und finden. Was für ein Glück!

Und nun erwähnt sie diese Schmerzen im Arm und ich spüre, wie mein innerlich sorgsam erstelltes Kartenhaus aus Freude und positivem Denken gefährlich wackelt.

Es tut seltsam weh. Ihr am Arm - mir am Herz.

 

Bilder werden gemacht. Röntgen, CT, MRI. Es wird sichtbar, dass sich Knochenteile gelöst haben.  

Er möchte die Bilder noch mit seinen Kollegen besprechen, sagt der Orthopäde freundlich. Sie sieht ihn heute zum ersten Mal.

Und dann fügt er noch an: "Solches kommt nur selten vor*".

Malin lacht laut auf, woraufhin die Ärzte sie etwas irritiert ansehen.

"Entschuldigung, wüssid Sie, das han ich äbä scho so mängisch ghört ide letschte Jahr..."

 

Ein Zusammenhang mit der vergangenen hochdosierten Chemotherapie kann zurzeit weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.

Mein Gedankenkarussell beginnt wieder zu drehen. Dieser neuerliche Befund ist ein weiterer Rückschlag und wirft Fragen auf. Sind noch weitere Gelenke und Knochen betroffen...? 

Malin lässt sich kaum etwas anmerken. Wie immer trägt sie es mit Fassung. Äusserlich jedenfalls. Wie sieht es wohl in ihr drin aus? 

 

Sie packt erneut ihren Rucksack. Trotzdem oder vielleicht erst recht - startet sie mit zwei Freundinnen ihre geplante Reise durch Sri Lanka. Nun sind sie unterwegs.

Mit dem Arm gehe es recht gut, schreibt sie. Zwischendurch blockiert das Gelenk, aber sie könne es gut selbst wieder lösen. Und auch die Schmerzen seien für sie erträglich. Zur Not hat sie noch ein paar Schmerzmittel mehr eingepackt. 

Sie soll die Reise trotz allem geniessen. Eindrücke und Erfahrungen sammeln, Menschen und Kulturen kennenlernen. Landschaften bewundern. Spass haben. Energie und Bilder tanken.

 

Zuhause warten bereits die nächsten Arzttermine und eine Operation ist unumgänglich.

Vielleicht machen die vielen schönen Reiseerinnerungen die neue Diagnose etwas erträglicher.

Zu wünschen ist es ihr.